„Nach der Hitze des Sommers haben uns die Götter begünstigt“, scherzt Virgílio Lopes, Forscher des Vereins Campo Arqueológico de Mértola (CAM). Im Rahmen der laufenden Ausgrabungs-, Konservierungs- und Aufwertungsarbeiten wurde im Juli ein außergewöhnliches Mosaik in der Nähe der beiden seit 2013 bekannten Baptisterien am Hang der Burg identifiziert. „Mértola hat die Kraft, uns zu überraschen und neue Facetten zu zeigen“, sagt der Archäologe. Das Mosaik, das fünf mal vier Meter groß ist, erstreckt sich möglicherweise in den Nebenbereich des Stadtfriedhofs. Es wurde für einen Innenraum entworfen, nach Ansicht des CAM-Teams womöglich für eine Kapelle, die in einen paläochristlichen religiösen Komplex integriert war – „eine Welt, die auf die römische Epoche folgte, in der Mértola aber auch ohne Bischof kulturelle und religiöse Bedeutung behielt“.
Im 19. Jahrhundert identifizierte der Archäologe Estácio da Veiga das Fragment einer Schildkröte oder Sumpfschildkröte in der gleichen Gegend und ließ es in Aquarell zeichnen. Das Stück ging verloren, aber seine Aufzeichnung blieb erhalten. „Heute sind wir davon überzeugt, dass Estácio einen Teil dieses Mosaiks gefunden hat, denn das Medaillon mit dem Motiv passt in das Konzept“, sagt Lopes. Und dieses Mosaik wiederum ist ein „Bruder“ eines anderen, das bereits über dem Kryptoportikus gefunden wurde. Es wurde von derselben Gruppe von Künstlern produziert.” Es gibt Parallelen zu dieser Gestaltung auf Menorca, und Virgílio Lopes glaubt, dass die Inspiration für das Mosaik, das vorläufig auf das 6. Jahrhundert datiert wird, aus dem östlichen Mittelmeerraum stammt. „Aus dieser Zeit haben wir die meisten Grabsteine, von denen viele in griechischer Sprache verfasst sind“, sagt er. „Es könnte diese Gemeinschaft gewesen sein, die ein künstlerisches Programm wie dieses in Auftrag gab, das das Beste, was damals im Mittelmeerraum gemacht wurde, reflektiert.“
Das Mosaik wurde bereits einer „konservatorischen und restauratorischen Erstversorgung“ unterzogen und wartet nun auf eine Entscheidung darüber, wie es am besten geschützt und ausgestellt werden kann.
Text: Gonçalo Pereira / Fotos: António Cunha / Drohnenaufnahmen: CAM /Magazin National Geographic Oktober, 2022.
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