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V. Treffen Industrie, Geschichte, Kulturerbe

V. Treffen Industrie, Geschichte, Kulturerbe
Museu dos Lanifícios, Covilhã – 6., 7. und 8. April 2022

Das V. Treffen Industrie, Geschichte, Erbe fand am 6., 7. und 8. April 2022 im Museu dos Lanifícios (Museum der Wollerzeugnisse) der Universität Beira Interior in Covilhã statt. Diese Veranstaltung wurde vom Forum Industrie, Geschichte, Kulturerbe sowie von „Geschichte, Territorien und Gemeinschaft“, eine Außenstelle an der Fakultät für Sozial- und Humanwissenschaften der Neuen Universität Lissabon, des Zentrums für funktionelle Ökologie – Wissenschaften für Mensch und Planet der Universität Coimbra, in Partnerschaft mit dem Museu dos Lanifícios der Universität Beira Interior, der Stadtverwaltung Covilhã sowie dem LabCom/UBI ausgerichtet.
Die gehaltenen Vorträge befassten sich mit industriegeschichtlichen Themen, wobei das Hauptaugenmerk auf den Gemeinschaften lag, die unmittelbar oder mittelbar von den Industrialisierungsprozessen betroffen waren. Auf dem Programm standen auch Führungen durch das industrielle Erbe von Covilhã und die Einweihung der Fotoausstellung “Kulturerbe Covilhã“. Ferner „Um outro olhar” von Manuel F. Rodrigues und die Vorstellung des E-Books mit einigen der auf der IV. Tagung Industrie, Geschichte, Erbe vorgestellten Beiträge.
Das Museum und die Weberei von Mértola waren mit einem Exposee von Lígia Rafael vertreten: “Die althergebrachte Weberei der Wolldecken von Mértola“. Wie kann die Kontinuität des Savoir-faires gewährleistet werden?”, dessen Zusammenfassung nachfolgend wiedergegeben wird. Anwesend waren die Fachfrau Guilhermina Bento, die Weberin Maria de Fátima Mestre und die Weberauszubildende Nazaré Fabião.

Das althergebrachte Weben der Wolldecken von Mértola. Wie kann die Kontinuität des Savoir-faires gewährleistet werden? – Resümee
Das traditionelle Weben der Wolldecken von Mértola überlebt heute nur mehr noch als das, was dereinst eine Notwendigkeit und eine Art und Weise war, sich den Lebensunterhalt zu verdienen und das Überleben der Familie zu sichern. Vor etwa fünfzig Jahren war die Tätigkeit des Webens durch eine Anhäufung von Arbeiten gekennzeichnet. Die Werkstücke sollten auf den Bauermärkten der Region verkauft werden, und es galt, den zahlreichen Aufträgen nachzukommen. Heute gibt es nur noch wenige Weberinnen, und die Erzeugung richtet sich hauptsächlich an Abnehmer, die Zuhause ein Stück haben möchten, das die Erinnerung an dieses Savoir-faire hochhält: So wurde die Wolldecke von einem Gebrauchs- zu einem dekorativen Gegenstand.
Die Qualität des Webstücks steht und fällt mit der intensiven, komplexen Arbeit der Aufbereitung der Wolle. Diese Arbeit wurde einst von der Weberin selbst ausgeführt oder doch wenigstens genau verfolgt, war dies doch die einzige Möglichkeit, die Güte ihrer Arbeit zu gewährleisten und ihren Ruf in der Gemeinschaft zu wahren. Die Ausführung der Wollstoffe erfolgt über den Webstuhl, eine komplexe mechanische Vorrichtung, die die Kenntnis und das Verständnis aller ihrer Bestandteile voraussetzt. Durch das Fixieren einer Reihe von parallelen Fäden (Kette) ermöglicht dieses Instrument die Verkreuzung mit anderen Fäden (Schuss), um schließlich den Stoff zu fertigen, welcher einfach oder auch mit komplexeren dekorativen Motiven versehen sein kann.
Das Museumszentrum der Weberei ermöglicht es dem Besucher, diese Arbeit vor Ort zu bestaunen und die Funktionalität der ausgestellten und eingesetzten Gegenstände nachzuvollziehen, die für das Gedächtnis an eine tausendjährige Tätigkeit stehen, welche bis in unsere heutigen Tage überlebt hat. Die gesellschaftliche Weiterentwicklung, die Schwierigkeiten mit der Aufrechterhaltung der althergebrachten Produktion, verschärft durch die Probleme der Landflucht und Verödung des portugiesischen Hinterlandes, haben jedoch dazu geführt, dass der Fortbestand dieser Erwerbstätigkeit nun in Gefahr ist. Die Probleme im Zusammenhang mit der Kontinuität hängen vor allem mit dem Fehlen von Webermeisterinnen und dem mangelnden Interesse junger Menschen an der Aufnahme eines traditionellen Handwerksberufs als Broterwerb zusammen.
Dies ist die große Herausforderung, vor der wir heute stehen und die auch bereits vor vier Jahrzehnten bestand, als die erste Erhebung zu dieser traditionellen Tätigkeit durchgeführt und alsdann beschlossen wurde, eine Genossenschaft ins Leben zu rufen, deren Hauptziel die Ausbildung sowie die Festlegung einer Strategie war, die mittelfristig eine Kontinuität ermöglichen sollte. Dies war auch das Ziel der Einrichtung des Museumszentrums der Weberei, welches in das Mértola-Museum integriert wurde. 40 Jahre später ist die Frage der Kontinuität akuter denn je: Die Wolldecken von Mértola werden nur noch von zwei Weberinnen gesponnen, die mittlerweile beide über 60 Jahre alt sind. Die Dringlichkeit und die mit dieser Situation verbundene Problemlage haben zu einer ausgeweiteten Debatte geführt, die nun auch die Gemeinschaft und die örtlichen Institutionen einbezieht. Unter der Leitung der Stadtverwaltung werden Anstrengungen unternommen, um eine gemeinsame Strategie zu entwerfen, die die Erhaltung und den Fortbestand dieses traditionellen Savoir-faires ermöglicht.

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